Wilhelm Lampeter an Herbert Otterstädt, Hohenheim, 19.07.1938.


 


Willi Lampeter (1)
Hohenheim
Studentenschaft
Stuttgart, den 19. Juli 1938.


An
Kamerad Herbert Otterstätt (2)
Duisburg
Lerchenstr. 4



Den Durchschlag des Briefes an Volker (3) habe ich bekommen. Ich danke Dir dafür. Deine Anname, dass Kamerad Martin
Sturm bodenlos unvorsichtig in einem Brief Deinen Namen nannte, trifft nicht zu. Diese Nachricht liess er mir durch
einen Reichsdeutschen, der unten war, zukommen.

Ich bitte Dich folgendes unten an Martin und Hilde (4) auszurichten. Wie schon mit Martin besprochen, soll unter allen Umständen im Winter ein Lehrgang für Gottscheer Jungbauern stattfinden (4 Monate). Die Schwierigkeiten bestehen jetzt, dass unten keine Pässe ausgehändigt werden. Von hier aus habe ich schon alles versucht, aber bis jetzt überhaupt nichts davon wieder gehört. Nun wären auch, im Falle, dass die Arbeitsbescheinigungen ausgestellt in Pommern oder Ostpreussen nicht geschickt werden, noch andere Wege zu beschreiten nämlich:

1.) dass die Jungbauern Pässe nach Frankreich oder in die Tschechoslowakei nehmen und dann hierher fahren
2.) dass sie die Pässe als Hausierer nehmen, also von vornherein in die Liste eingetragen werden.

Auf eine illegale Art über 20 Jungbauern herauszubringen und hier zu schulen halte ich für unmöglich und höchst gefährlich. Ich hoffe, dass es anders zu machen sein wird.

In diesem Winter wird in einer neuen Form wieder hausiert. Für die ganze wirtschaftliche Arbeit in Gottschee ist dies von grösster Wichtigkeit. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die Hausiererei augenblicklich, d.h. in diesem Winter, ohne
Arko und Fräulein Paula Suchadobnik durchgeführt werden kann. Es ist keineswegs so, Herbert, dass Fräulein Paula Suchadobnik nach Berlin gekommen ist und mit neuen Zusagen in der Tasche nach Gottschee zurückfuhr. Auch Volker hat wirklich keinen etwa für Paula ein Wort zu verlieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass in 3 - 5 Jahren dort Dr. Arko samt Paula nichts mehr zu melden haben werden. Ich halte es für falsch, wenn wir jetzt zu viel schiessen. Unser ganzes Bestreben musss sein, unsere Arbeit jetzt schon so zu führen, dass wir in einigen Jahren ohne Stockung alles in die Hände nehmen.

Es wäre auch heute schon möglich Dr. Arko und Paula völlig beiseite zu schieben, wenn nicht die Hausiererei durchzuführen wäre. Andrerseits ist es richtig, dass der gesunde Widerstand nicht erlischt und dass die aufbauende Arbeit unseren Händen nicht entgleitet.

Ich hörte letzthin, dass Herbert bei der Zeitung gekündigt haben solle. Dass sich Schwierigkeiten dabei ergeben werden, war ja von vornherein abzusehen. Die Sachen hinzuschmeissen unter den augenblicklichen Verhältnissen ist verfehlt. Ich glaube, dass eine Vereinbarung mit Pfarrer Eppich möglich ist, wenn wir später unsere selbstverständlichen Forderungen an ihn stellen werden und er auf diese nicht eingehen wird, dass erst würde Herbert kündigen und wir ein neues deutsches Blatt für Gottschee gründen. Du wirst einsehen, dass dies heute unmöglich ist. Ich habe zuverlässige Nachricht, dass sich die Lage in den nächsten Monaten in Slovenien noch verschärfen wird. Die Klerikalen, vor allem die jungen Theologen und Seminaristen haben ein Übereinkommen mit der Narodna Odbrana (5) getroffen, um so erfolgreich gegen die Deutschen vorzugehen. Alles steht unter dem Schutz des Innenministers Korosec.

Hilde wird wohl einen Rekurs wegen ihrer Bestrafung erhoben haben oder erst noch tun.

Ich bitte Dich unten alle Kameraden und Kameradinnen, besonders noch Herbert und Hilde zu grüssen.

Dir wünsche ich schöne Tage in Gottschee!

Heil Hitler!
(gez.) Willi Lampeter


f.d.R.
Unterschrift



Anmerkungen:

(1) Wilhelm Lampeter, Gottscheer Volksgruppe, Mannschaftsführer, SS-Sturmbannführer
(2) Herbert Otterstädt, geb. 12. Februar 1912 in Berlin. Starb 26. November 1963 in Wiesbaden. Gattin Hilde, (verehelicht 1938), Tochter von Josef Erker, Gottscheer, Lehrer in Masern (Grcarice) 1912-1914. Zwei Kinder. Otterstädt durch Gattin mit Gottscheer Volksgruppe verbunden. Besuchte "Winterschule" für Gottscheer Jungbauern in Ulm in 1938. An dieser "Winterschule" waren gleichzeitig 60 junge Gottscheer unter Gottscheer Volksgruppen u. SS-Sturmbannführer Wilhelm Lampeter. Otterstädt war Hauptschuldirektor in Marburg und hatte bei den Planungen für die Aussiedlung von "Nationalslowenen" aus der Untersteiermark eine unterstützende Rolle. (Ferenc: Quellen, S. 275-277)

Verfasser von:
- Deutscher Besitz in Krain - nationalsozialistisches Südostdeutsches Institut, Graz, 1940.
- Vom deutschen Blutsanteil in Krain, 1941. Gottschee, eine deutsche Volksinsel im Südosten, 1941.
- Gottschee, Verlorene Heimat deutscher Waldbauern, 1962.

Ehrenringträger der Gottscheer Landsmannschaft.

(3) Volker Dick

(4) Hilde Otterstädt, geb. Erker
(5) Narodna Odbrana, serbisch, "Nationale Verteidigung", 1908 gegründete serbische Geheimorganisation mit nationalistischer, antiösterreichischer Tendenz, verfolgte unter Leitung serbischer Offiziere das Ziel, alle Südslawen zu vereinen. Nach 1918 widmete sie sich nationalkulturellen Zielen.


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